Dressurlektionen – Vom Fohlen zum Reitpferd

Was wir von spielenden Jungpferden über die Dressur (und nebenbei über den angewandten Tierschutz) lernen können? Hier gibt es faszinierende Einblicke durch Fotos von spielenden Fohlen, die ihre Körper in der Bewegung spielerisch zu Dressurlektionen hinführen. Ist ihr Fohlen bereits auf dem Weg zu den höchsten Klassen der Dressur?

Vom Element der Freiwilligkeit in der Dressur

Inhalt

Dressur – Das machen Pferde doch nicht freiwillig!

Viele Laien hört man sagen: „Wie bekommt man ein Pferd dazu, sich so zu bewegen?“ oder „Das ist doch nicht natürlich!“

Und ja, es ist äußerst erstaunlich, dass Pferde freiwillig derart komplizierte Übungen absolvieren sollen. Aber dieser Text soll zeigen, dass

a) sich Jemand was dabei gedacht hat und

b) kein Pferd dabei Zwang empfinden oder gar zu Schaden kommen sollte.

Tierschutzorganisationen wie PETA echauffieren sich regelmäßig über angeblich erzwungenen Bewegungsabläufe. Deren „Fakten“ über Pferdesport sind hier nachzulesen. Das zeigt aber nur wie wenig man sich dort mit der Materie Pferd auseinandergesetzt hat. Es ist davon die Rede, dass ein Pferd die dressurmäßige Ausbildung „nicht ohne Schmerzen“ bewältigen könne und Pferde gezwungen werden „untypische und komplizierte Bewegungsabläufe“ auszuführen.

Aber diese Unterstellungen sind bei näherer Betrachtung falsch. Das braucht man mir auch nicht einfach so zu glauben, sondern das kann uns ein frei laufendes Pferd lehren.

Bekanntermaßen lernt man als Reiter, dass schon Hengste im Imponiergehabe Ansätze von Piaffe und Passage zeigen. Gesehen haben das freilich nicht viele Reiter.

Aber ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Jedes junge Fohlen kann beim Austesten der eigenen Kräfte Ansätze von hohen Dressurlektionen zeigen.

Dressurlektionen von Fohlen

Dass Dressur an sich nichts Unnatürliches ist, das dem Pferd aufgezwungen oder beigebracht werden muss, zeigen eindrücklich die nachfolgenden Bilder. Selbst ein Fohlen hat von Natur aus alle Möglichkeiten, sich in Szene zu setzen und zeigt bereits in diesem zarten Alter in Ansätzen all das, was wir in Vollendung später auch von ihm unter dem Reiter verlangen.

Daher gilt: Dressur erwartet nichts von einem Pferd, was es nicht schon als Fohlen zu leisten vermag!

Alle Lektionen bis hin zum Grand Prix kann bereits ein Fohlen oder frei laufendes Pferd ausführen. Der Pferdekörper kann bereits im Alter von wenigen Tagen höchste Dressurlektionen ungezwungen ausführen. Lediglich die Perfektionierung solcher natürlichen Bewegungsmuster unter dem Sattel ist die Leistung des Reiters.

Was ist daran so schwierig?

1) Das Pferd muss hierzu verstehen, was durch den Reiter gewünscht wird. Es ist für das Pferd ungewohnt einen Bewegungsablauf unabhängig von einem sozialen oder emotionalen Kontext zu zeigen.

2) Der Reiter belastet den Rücken des Pferdes und verändert damit dessen Schwerpunkt.

3) Das Pferd soll die Lektion auf eine bestimmte Anweisung oder Hilfe hin zeigen.

Schultervor

Schultervor

Passage

Passage

Piaffe

Piaffe

Pirouette

Pirouette

Selbst bei der Hohen Schule und den Lektionen über der Erde hören die Fohlen und Jungpferde nicht auf, bereits in jungen Jahren fleißig zu üben.

Levade

Levade

Pesade

Pesade

Courbette

Courbette

Auf gewisse Einschränkungen sollte man der Fairness halber hinweisen:

Natürlich sind diese Fotos allesamt Momentaufnahmen, die weder perfekt, noch von den Jungpferden dauerhaft abrufbar sind.

Was wir daraus lernen können

Aber dennoch stellt sich für mich die Frage: Warum hat das wackelige junge Fohlen eigentlich die beste äußere Form?

Denn wer die Fotos genau betrachtet, sieht Fohlen, deren Bewegungsapparat noch nicht vollständig ausgeformt ist. Das piaffierende Fohlen ist ganze 3 Tage alt. Wieso können sie diese Bewegungen ausführen, obwohl das Reitpferd hierzu über Jahre geschult und aufgebaut werden muss?

Vielleicht gerade weil das Fohlen nicht in Haltung gepresst wird, sondern durch Spiel und Spaß seine Form findet?

Genau die Aufgabe, die eine gute Dressurausbildung hat: Das Pferd sein Gleichgewicht finden zu lassen, vorerst ungeachtet der äußeren Form. Es geht darum, sich die Ungezwungenheit der natürlichen Bewegung zu erhalten.

Historische Vorgaben

Es schadet nicht in diesem Zusammenhang ein wenig Hintergrundwissen zur früheren Vorgehensweise aufzupolieren. Die klassische deutsche Reitvorschrift (die Heeresdienstvorschrift Nr. 12 von 1937 oder kurz H.Dv. 12) sieht vor, dass beim Reiten von Remonten dem Reiter 2 Monate lang die Anlehnung verboten ist und erst danach innerhalb der nächsten 2 Jahre das Jungpferd unter Anbietung der Hand im großen Rahmen gearbeitet werden soll. Im ersten Jahr unter der Bezeichnung Remonte, im zweiten Jahr als sogenannte alte Remonte. Diese Vorschrift ist die Grundlage gewesen für die FN „Richtlinien für Reiten und Fahren“.

Geht das nicht etwas moderner? fragt man sich da unwillkürlich. Denn wer will schon alte Militärvorschriften bemühen?

Aber das muss bei näherem Hinsehen gar nicht sein!

Denn pferdegerecht und logisch sind die Ratschläge von damals heute noch. Das Militär hat sicher nicht den besten Ruf, was Mitgefühl gegenüber Mensch und Pferd angeht. Nicht umsonst spricht man von Drill und Kasernenhofton. Aber teure Pferde ruinieren wollte man beim Militär nicht. Daher ist diese Vorschrift bis heute ein guter Anhaltspunkt für eine nachhaltige und vielseitige Jungpferdeausbildung. Manchmal muss man das Rad gar nicht neu erfinden.

Wichtigstes Merkmal der Vorschrift: Ohne die Forderung des Reiters nach Anlehnung wird dem Pferd sein Hals als Balancestange für den Großteil der Jungpferdeausbildung gelassen.

Nur wo wird das heute noch so praktiziert?

Wer ein Pferd anreitet, greift im Regelfall zuerst einmal nach den Zügeln und sichert sich damit die volle Kontrolle. (siehe auch: Wettrüsten zu Pferd – Die reiterliche Angst vor Kontrollverlust) Reiter müssen heute wieder lernen das Pferd, auch wenn sich sein züchterisch perfekter Hals so sehr anbietet, zu behandeln, wie es ein Jungpferd verdient.

Verspannungen als Regelfall

Denn was ist die natürlich Folge von Geziehe und Gezerre zu Pferd? Verspannungen! Klassische Ausbilder wie Gerd Heuschmann oder Anja Beran werden nicht müde zu betonen, dass junge Pferde Gelegenheit haben müssen, die eigene Form und ihr Gleichgewicht zu finden.

Interessant ist in diesem Zusammenhang meine Beobachtung als Züchter, dass Fohlen und Jungpferde meist eine Muskulatur haben, die weich wie Butter ist. Gänzlich unbelastet, flexibel und vor allem nicht verspannt! Das kommt dann bei fast allen Reitpferden im Laufe der Reiterei von ganz alleine. Wer einmal die Gelegenheit hatte, die Muskulatur der Pferde von Frau Beran anzufassen, wird dagegen genau diesen Urzustand fühlen können: Weich und geschmeidig.

Es mag im ersten Augenblick traurig stimmen, dass die Freiheit von Verspannungen bei Reitpferden der Ausnahmefall ist.

Aber streng genommen ist es bei uns Menschen doch ähnlich: Die kleinen Sorgen des Alltags formen den Körper. Der Sportcoach und Sportmediziner wissen beide, dass die meisten Menschen nie wieder so geschmeidig werden, wie sie in ihrer Jugend einmal waren. Es erfordert einen enormen Aufwand dies zu ändern.

Können das alle Fohlen?

Ich muss an dieser Stelle zugeben, ich weiß die Antwort nicht.

Ich kann nur sicher sagen, dass meine Fohlen bereits im Alter von wenigen Tagen Serienwechsel, Piaffe und Pirouette freudig im Spiel abrufen. Natürlich hat manches Fohlen eine größere Veranlagung zu bestimmten Lektionen und bringt hierzu die besseren körperlichen Voraussetzungen mit. Aber auf besondere Dressureignung sind meine Fohlen jedenfalls nicht gezüchtet, da sie für den Springsport vorgesehen sind.

Um wirklich auszuschließen, dass diese Manifestation von Dressurlektionen beim Jungpferd schlicht Reitpferdeeigenschaften sind, müsste man einen Blick auf Fohlen von Wildpferden werfen.

Fazit

Es geht nicht darum, die Ausbildung und Arbeit kleinzureden, die damit verbunden ist, das Pferd reitbar und tragfähig zu machen. (Siehe auch: Trageerschöpfung beim Pferd erkennen) Aber es muss klar gesagt werden, dass nichts Unnatürliches dabei ist, Dressurlektionen von einem Pferd einzufordern.

Wenn man es korrekt tut, hält es das Pferd gesund. Denn Dressurlektionen sind kein Selbstzweck. Sie sind der Weg zu einer guten Kommunikation mit dem Reiter. Wichtig hierfür ist jedoch sich auf jedem Ausbildungsniveau eine Freiheit von Verspannungen bewusst zu erhalten. Dazu gehört es auch, dem Pferd Gelegenheit zum Strecken und Bummeln im Gelände zu geben.

Weiter mit einem ähnlichen Thema: Dressur naturgemäß oder Kein Pferd springt freiwillig!

Mehr Informationen zu meinem Blog durch die Newsletter Ameldung! Du bekommst ein Mal im Monat Anregungen und Denkanstöße von mir direkt in Dein Postfach. Abbestellen kannst Du ihn jederzeit mit nur einem Klick in der Fußzeile.

Meine Buchempfehlung zu dem Thema bei Amazon (Affiliate Link):

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ws-eu.amazon-adsystem.com zu laden.

Inhalt laden

Mehr Informationen zu meinem Blog durch die Newsletter Ameldung! Du bekommst ein Mal im Monat Anregungen und Denkanstöße von mir direkt in Dein Postfach. Abbestellen kannst Du ihn jederzeit mit nur einem Klick in der Fußzeile.

Link zum Shop

Schreibe einen Kommentar