Warum Du weder Pellets noch Müslis verfüttern solltest

Wer Pferde richtig füttern will, der muss sich an der Natur des Pferdes orientieren. Die Verdauung hat sich beim modernen Sportpferd im Vergleich zum Wildpferd nicht viel verändert. Dafür die Haltung und sportlichen Ansprüche an das Pferd umso mehr. Ich möchte die Hintergründe erläutern, warum sich Pellets und Müsli als Pferdefutter durchgesetzt haben.

Naturgesund füttern

Inhalt

Das Pferd ist ein Pflanzenfresser, das sein Futter durch Grasen zu sich nimmt. Hauptsächlich liefern Kohlenhydrate die Energie. Auch ein Sportpferd sollte einen Großteil seines Futterangebotes auf Basis von eiweißarmer, faserreicher Nahrung wie Gras oder Heu erhalten. (siehe auch: Raufutter)

Manche Berater finden, dass alle Futtermittel, die hoch im Energiegehalt und dabei arm an Rohfaser sind, für Pferde unnatürlich sind. Das ist auch der Grund, warum Getreide gemieden werden soll.

Das Einzige, das einer solchen natürlichen Fütterung widerspricht, sind Leistungsanforderungen an das Pferd. Denn sobald das Pferd arbeiten muss, benötigt es mehr Energie. Eine große Weide reicht dafür nicht. Auch die Nährstoffe im Heu sind meist ungenügend, um das Pferd komplett versorgen zu können. (siehe auch: Artgerechte Sportpferdefütterung)

Getreidefrei füttern?

Getreide hat insbesondere bei Freizeitreitern keinen besonders guten Ruf in der Pferdefütterung. Die Industrie reagiert mit immer mehr getreidefreien Sorten, um diesen Bedarf zu befriedigen. Das ist auch grundsätzlich für ein Pferd im Erhaltungsbedarf richtig gedacht.

Bei allen Nachteilen, die mit der Fütterung von Getreide einhergehen, hat sich Stärke dennoch in der Fütterung von Leistungspferden bewährt. Denn Stärke sorgt für schnelle Energie.

Für Arbeit unter hoher Belastung ist Glukose besser als Energielieferant geeignet als Fett. Daher ist insbesondere für hart arbeitende Pferde wie Rennpferde, Vielseitigkeitspferde und Springpferde kaum eine Alternative denkbar. (siehe auch: Muskelfasertyp und Sportleistung)

Industrielles Fertigfutter für Pferde

Trotz aller Vorbehalte steht die Auseinandersetzung mit den Fertigfuttermitteln Pellets und Müsli an erster Stelle.

Warum das?

Ganz einfach: Weil man damit die Realität abbildet. In Deutschland sind Müsli und Pellets die am weitesten verbreiteten Futtermittel in der Pferdehaltung. Dies nicht zu beachten, würde an der gängigen Praxis vorbeigehen.

Pellets

Pellets sind in vielen Pensionsställen und großen Betrieben für Pferde verbreitet. Die Futtermittelindustrie verspricht, dass ihrFutter durch Pelletierung hochverdaulich sei. Das hält aber einer Überprüfung nicht stand. Futtermittel sind im Regelfall besser verdaulich, solange sie in natürlicher Form verfüttert werden. Die Verweildauer im Magen des Pferdes ist höher, wenn pelletiertes Futter gefüttert wird. Das kann zu Problemen führen.

Wie sich der Herstellungsprozess auswirkt

Um zu verstehen, warum die Komponenten enthalten sind, die Pellets als Futter ausmachen, muss man den Herstellungsprozess näher betrachten. Pellets müssen in erster Linie pragmatischen Gesichtspunkten genügen, die nichts mit dem eigentlichen Futterwert zu tun haben.

Für die Herstellung von Pellets sind Press- und Walzvorgänge zwingend notwendig. Das getreidehaltige Futter kann man ohne Feuchtigkeit als Gleitmittel nur unter deutlich höherer Hitzeentwicklung pressen. Zusätze wie Öl, Melasse oder Trester sind daher notwendige Komponenten, um das Futter überhaupt verarbeiten zu können. Das geschieht nicht dem Tier zuliebe.

Aber auch ein Zuviel an Öl im Produktionsverfahren ist hinderlich. Daher haben die meisten Pellets einen vergleichsweise niedrigen Rohfettgehalt von rund 3-6%. Dies vor allem, weil sie mit einem höheren Ölanteil nicht mehr stabil genug sind, und zum Zerbröseln neigen. Für die Herstellung von Pellets werden Öle bevorzugt, die einen hohen Schmelzpunkt haben, wie zum Beispiel Palmöl.

Die ökologische Bedenklichkeit von Palmöl ist hinreichend bekannt. Für die Herstellung werden großflächig Wälder gerodet und Lebensräume für Tiere zerstört. Aber auch das Palmöl selbst steht laut Bundesinstitut für Risikobewertung im Verdacht krebserregend zu sein.

Es geht um Praxistauglichkeit

Interessant ist, dass in der Vermarktung von Pellets keine Argumente pro Pferd vorgebracht werden. Das Schlüsselwort ist regelmäßig, wie „praxisgerecht“ das Futter sei. Das optimale Produkt für Großabnehmer soll schließlich lager- und transportfähig sowie wenig anfällig für Verunreinigung sein. Homogenität der Futtermasse, Formstabilität und natürlich die Verwendbarkeit in Futtersilos werden gern als positive Aspekte angeführt.

Nur das Pferdewohl vermisst man in Werbetexten für die Futterindustrie erschreckend oft. Prüfen Sie das doch einfach mal selbst! (zum Beispiel hier: Plädoyer für das Pellet) Geringer Preis und Lagerfähigkeit sind scheinbar die besseren Argumente für den Absatz. Ob diese Zusätze nun gesund für das Pferd sind oder nicht, verkommt zur Nebensache.

Müsli

Während früher Pellets eine weit verbreitete Fütterungsform waren, so hat das Müsli in den letzten Jahren an Marktanteilen gewonnen. Die ansprechende Optik mit unterschiedlichen Komponenten und angenehmen Geruch sollen vor allem die Sinne des Pferdehalters ansprechen. Denn der entscheidet schließlich, was in den Trog seines Pferdes gelangt.

Aufgeschlossenes Getreide

Eine verbreitete Behauptung ist, dass thermisch aufgeschlossene Futtermittel den Insulinpegel in die Höhe schnellen ließen. Daher seien sie ungesund für das Pferd. Das erscheint mir aber zu wenig differenziert.

Der aktuelle wissenschaftliche Standpunkt hierzu:

  1. Thermische oder hydrothermische Aufschließung verbessert grundsätzlich die Verdaulichkeit von Getreidestärke.
  2. Getreidestärke erhöht tatsächlich die Plasma-, Glukose- und Insulinkonzentration. Dies kann jedoch zumindest bei Hafer, Gerste und Mais nicht mit der Aufbereitung des Korns in Zusammenhang gebracht werden.
  3. Die Menge und Herkunft der verfütterten Stärke ist relevant. Aufbereitete Gerste und Fütterung von hohen Mengen an Stärke sorgt im Vergleich zu gewalzter Gerste für hohe Glykämie- und Insulinwerte.
  4. Solange der Stärkeanteil jedoch unterhalb 1,1g/ kg Körpergewicht bleibt, kann auch aufgeschlossene Getreidestärke die Insulin- und Glykämiewerte nur leicht beeinflussen. Das spricht für kleine Rationen Getreide.

Kaum Forschung zur Verdaulichkeit

Die Verdaulichkeit variiert von Getreidesorte zu Getreidesorte. Sie muss daher individuell begutachtet werden!

Die Auswirkung der Verarbeitung von Getreidekörnern auf die Verdaulichkeit der Stärke ist aber leider insgesamt schlecht dokumentiert. Die Futtermittelhersteller scheinen kein großes Interesse zu haben, das Thema näher zu betrachten, oder aber publizieren diese Ergebnisse nicht.

Bekannt ist, dass Walzen im Vergleich zum Kauen des Pferdes keine deutliche Verbesserung der Verdaulichkeit zu erreichen scheint. Das spricht für die Gründlichkeit des Kauvorgangs spricht.

Es gibt trotzdem Gründe, die gegen eine Verwendung von thermisch aufgeschlossenen Getreide sprechen. Die Stärkeaufnahme wird durch pelletierte und extrudiere Futtersorten vermutlich erhöht. Das hemmt die Tätigkeit der Mikroflora des Darms und begünstigt Magengeschwüre.

Die vielen Formen von Zucker

Zucker kommt in vielen Formen vor und nicht alle sind im Pferdefutter offensichtlich als solche zu erkennen. Melasse ist wohl die bekannteste und am meisten gemiedene Sorte. Aber wussten Sie, dass auch die Bezeichnungen Pektin, Fruktan, Glukose und Laktose hellhörig machen sollten?

Problematisch ist Zucker wegen der Wirkung auf den Insulinspiegel. Eine zuckerhaltige Fütterung begünstigt eine Ausschüttung von Glukose und Insulin im Pferdekörper. Das Gewebe reagiert dann vermindert auf Insulin. Es muss zu einer höheren Ausschüttung von Insulin kommen, damit es überhaupt eine Reaktion gibt. Dadurch leidet die Regulation des Blutzuckerspiegels.

Zucker hat also bei dauerhaften Fütterung schädliche Auswirkungen auf das Pferd und kann eine Insulinresistenz auslösen (z.B. die Krankheit EMS). Pferde mit Insulin-Resistenz sollten weder Hafer noch Mais erhalten, da diese hohe Insulin- Spitzen mit sich bringen. Eher geeignet sind Rübenschnitzel, Luzerne, Reiskleie und Sojahüllen.

(Zuckerrüben-) Melasse

Futtermittelhersteller betonen gern die Unbedenklichkeit von geringen Mengen an Melasse. Jedoch ist der Zusatz eher aus pragmatischen Gründen überhaupt enthalten. Bei Kaltpressverfahren senkt Melasse die Produktionstemperatur und erhöht die Fließfähigkeit des Futterbreis in den Maschinen. Außerdem ist die Durchmischung bei Müsli mit Melasse besser, weil das Absetzen von Futterbestandteilen unterbunden wird.

Melasse hat noch andere praktische Eigenschaften. Sie bindet Staub und schmeckt lecker, das Futter fressen Pferde daher gern. Melasse ist auch geeignet, um das aufgeschlossene Getreide haltbarer zu machen.

Wie sieht es mit dem Futterwert aus?

Melasse hat bei Pferdebesitzern einen schlechten Ruf. Weil bekannt ist, dass Melasse oft in stärke- und zuckerhaltigen Müslis enthalten ist, wird sie automatisch damit in Verbindung gebracht. Die Meinungen zur Melasse sind aber oft nicht differenziert.

Trotz der Verurteilung von Melasse gibt es durchaus positive Aspekte zu erwähnen. Melasse ist in geringen Mengen gut für die Verdauung und gilt als eiweißarm. Sie wird in manchen Ländern aufgrund des hohen Anteils an Mineralien sogar als Nahrungsergänzungsmittel verkauft.

Melasse besteht vor allem aus Wasser und Zucker. Der hohe Anteil an Zucker von rund 50% ist nicht zu verleugnen. Aber immerhin besteht Melasse zur Hälfte aus Glukose und Fruktose, die relativ langsam in den Blutkreislauf gelangen. Warum ist ein wenig ansteigender Blutzuckerspiegel interessant? Er wird von Reitern gern mit schwierigem Verhalten des Pferdes in Verbindung gebracht.

Extra zufüttern sollte man Melasse nicht! In fertigen Futtermischungen ist ein Anteil von 3-5% Melasse üblich. Bis zu 10% der Gesamtration sind für Pferde tolerabel.

Fazit

Dies kann nur ein kleiner Abriß in die weiter Welt der Futtermittelkunde bleiben. Dennoch hoffe ich genug Informationen erklärt zu haben, um die starke Verbreitung von Pellets und Müsli zu hinterfragen. Oder gar einen Grund geliefert zu haben, diese Futtersorten nicht mehr zu verwenden.

Was ist die Alternative?

Ehrlich gesagt bin ich persönlich ein großer Verfechter davon, sich seine Futtermittel selbst zusammenzustellen. Individuell auf das Pferd abgestimmt und mit qualitativ hochwertigen Futtermitteln. Back to Basics sozusagen. Damit man wirklich weiß, was drin ist und vor allem wofür. Nur so weiß man, was dem Pferd wirklich etwas bringt.

Wer Unterstützung dabei benötigt, das eigene Futter zusammenzustellen, dem kann ich mein Ebook empfehlen: „Futtermittelkunde für Pferde – Krippenfutter“

Weiter mit einem ähnlichen Thema: Den sticht der Hafer – Über Kraftfutter und Händelbarkeit oder Pferdefutter – Rohstoffqualität und Zusammensetzung

Wusstest Du schon, dass ich auch Autorin von Pferde-Fachbüchern zu diesem Thema bin? Schau doch mal in meine aktuelle Bücher-Liste rein, ob etwas Spannendes für Dich dabei ist!

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4 Gedanken zu „Warum Du weder Pellets noch Müslis verfüttern solltest“

  1. Liebe Iris,
    Danke für den guten Beitrag.
    Meine Stute (nicht dick, ein Vollblut Pferd) hat EMS. Sie ist ohne Kraftfutter gut aufgestellt und „gesund“ im Sport.
    Mein Wallach hat nach einem Klinik Aufenthalt stark abgenommen.
    Ich bin ratlos wie ich ihn „dick“
    Bekomme. Er ist mit Heu täglich 8 std. Draußen u wird täglich geritten und ist als Turnier Pferd in Maßen im „Einsatz“.
    Mit 1,83 m sehr groß u jetzt sehr sehr dünn!
    Was kann ich leicht verdaulich zum Raufutter füttern?
    Herzlichen Dank
    Lg
    Andrea

    Antworten
    • Vielen Dank für das Vertrauen. Diese Frage konnten wir im Facebook Post hoffentlich bereits klären und ich hoffe die Verbesserung hat sich schnell eingestellt. Hier ist die Ursache für das Problem klar definiert und es gilt nur mit den richtigen Futtermitteln diesen Weg einzuschlagen. Ich wünsche viel Erfolg!

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  2. Nachdem mein Pferd – aufgrund von fehlerhafter Fütterung – vermehrt unter Kreuzverschlag litt (Übersäuerung) riet mir ein Heilpraktiker auf normales Korn umzusteigen.

    Von da an fütterte ich ganzen Hafer, gewalzte Gerste und ganze Mais. Alles für sich einzeln. Dazu gab es eine Kräutermischung aus reinen Kräutern (Apothekenqualität).

    Nach dieser Futterumstellung ging es meinem Pferd zusehend besser. Einen Kreuzverschlag hatte er danach nie wieder. Seine Blutwerte waren immer im Optimalbereich.

    Bis heute pflege ich diese Futtermethodik und würde niemals wieder auf irgendetwas an Fertigfutter zurückgreifen.

    PS: zu erwähnen wäre noch, dass durch die Fütterung von ganzem Mais, mein Pferd keine Zahnhaken mehr hatte. Die harten Körner hatten eine positiven Einfluß auf die Gesundheit der Zähne.

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    • Herzlichen Dank für diesen Erfahrungsbericht! Ich finde es auch total lohnend, selber Kontrolle darüber zu erlangen, was man da füttert. Ich hätte eher Bruchmais gewählt, muss ich zugeben. Aber es freut mich, dass es bei Dir geholfen hat.

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