Zeitgemäße und selektive Entwurmung

Ich möchte hier meine Erfahrungen mit der selektiven Entwurmung teilen, da ich immer noch finde, dass sie zu selten praktiziert wird. Die selektive Entwurmung ist, zum Beispiel in Dänemark, bereits Pflicht. Ein Tierarzt darf dort nur Wurmkuren ausgeben, wenn das Pferd diese nachweislich benötigt. In Deutschland habe ich den Eindruck, dass sich dieses zeitgemäße System noch nicht Flächendeckend durchgesetzt hat. Es wird viel zu oft konventionell entwurmt; mit gravierenden Folgen, wie ich erläutern möchte.

Erste Berührungspunkte

Inhalt

Meine ersten Erfahrungen habe ich im Jahr 2010 in einem Pensionsstall mit dem System der selektiven Entwurmung gemacht. Der Waldhof in Usingen war Teil eines Projektes in Kooperation mit der Uniklinik Gießen. Nachdem mir das System erklärt wurde, fand ich das eine vernünftige Sache und willigte ein, dass mein Jungpferd an dem Feldversuch teilnimmt.

Die Stallbesitzerin hat im Laufe des Projekts an ca. 60 adulten Pferden festgestellt, dass immer wieder dieselben anfälligen Pferde entwurmt werden müssen, während andere Pferde beinahe resistent gegen Würmer zu sein scheinen.

Für Aufzüchter noch wissenswert:

Bei den Aufzuchtgruppen wurde bei dem oben genannten Projekt kein Risiko eingegangen. Das bedeutet, der gesamte Jungpferdebestand wurde entwurmt, sobald ein Jungpferd eine auffällige Anzahl an Würmern hatte.

Es lagen zumindest damals noch keine weiteren Informationen über die richtigen Intervalle für Überprüfung von Jungpferden vor und im Wachstum ist der potentielle Schaden für das Pferd zu hoch, um hier ein Risiko einzugehen.

Meine Erfahrungen als Selbstversorger

Meine Pferde hatten trotz begrenzter Flächen (0,5 Hektar pro Pferd) die geringste Rate an Verwurmung, als ich sie selbst versorgt habe. Es war über einen Zeitraum von mehreren Jahren nicht nötig, einzelne Pferde überhaupt zu entwumen. Es bestätigte sich, dass immer wieder dieselben Pferde eine Wurmkur benötigten.

Meine Erfahrungen mit großen Beständen

Ich habe es so erlebt, dass große Pferdebestände (über 100 Pferde) deutlich höheren Wurmdruck mit sich bringen. Auch mit großen Weideflächen (über 15 Hektar) bei Wechselbeweidung, guter Weidepflege und täglichem (!) abäppeln zumindest der Auslaufflächen rund um den Unterstand ist dies zu beobachten. Das beschriebene System ist in der Praxis schon äußerst selten anzutreffen und bedeutet bereits ein Maximum an Arbeitsaufwand.

In privaten Kleinstställen kann nach meiner Erfahrung Hygiene wesentlich effektiver betrieben werden, als in großen Beständen. Maßnahmen wie Kalk auszubringen und die Flächen zu schonen, oder eine Wechselbeweidung mit Rindern bieten sich an. Das hat Konsequenzen für die Haltung, die ich mir insbesondere für Muttertuten mit Fohlen bei Fuß wünsche.

Aktuelle Praxis unzureichend

Die mir bekannten großen Betriebe, die wirklich mit Kotproben die Wirksamkeit eine Wurmkur überprüfen, haben trotz regelmäßiger Entwurmung immer ein paar Pferde im Bestand, die dennoch einen hohen Wurmbefall haben.

Für mich bedeutet dies: mit 3-4 Wurmkuren im Jahr sind Aufzuchtpferde nicht optimal versorgt!

Als Konsequenz daraus werden meine Aufzuchtpferde regelmäßig mittels Kotproben kontrolliert und ich musste bereits mehrfach zusätzlich entwurmen. Das war zuvor in einem kleinen Bestand von 5-10 Pferden nie notwendig gewesen.

Was die selektive Entwurmung nicht kann:

Manchmal habe ich den Eindruck kostenbewusste Pferdebesitzer denken sich „Prima, jetzt habe ich einen guten Grund ein paar Wurmkuren auszulassen!“. Daher hier ein paar Worte der Warnung, was eine selektive Entwurmung nicht kann:

Arbeit sparen

Wirklich zeitsparend ist dieses Modell nicht. Man muss die Kotuntersuchungen wirklich regelmäßig machen und strenge Weidehygiene betreiben. Wer in einem Gruppenauslauf schon mal darauf gewartet hat, dass ein bestimmtes Pferd (von dem die Probe noch fehlt) äpfelt, der weiß, hier ist keine Zeitersparnis zu erwarten. Eine Wurmkur ist wesentlich schneller blind verabreicht, als wenn eine Kotprobe eingesammelt, beschriftet, eingetütet, versandfertig gemacht und zur Post gebracht werden muss.

Wer sehr gepflegte Weiden hat und einen konstanten Pferdebestand, für den macht die selektive Entwurmung auf Dauer einfach Sinn. Die Resistenzen unter den Würmern gegen manche Wirkstoffarten sind seit Jahren auf dem Vormarsch. Die selektive Entwurmung ist das einzige mir bekannte Modell, das momentan dagegen anhalten kann. Es geht selbstverständlich auch darum, das Pferd nicht wahllos mit unnötigen Medikamenten vollzustopfen.

Praxistipp:

Wobei manche Anbieter das wirklich kinderleicht und sauber gestalten. Ich nutze seit dem Jahr 2012 folgenden Service und kann ihn (ohne dafür bezahlt zu werden) uneingeschränkt empfehlen: Labor „Der Wald“

Kosten senken

Für den einzelnen Einsteller mit 1-2 Pferden sind es nur ein paar Euro mehr im Quartal im Vergleich zum herkömmlichen System.

In den meisten Pensionsställen wo ich war, wurden die Kosten für die selektive Entwurmung auf alle Einsteller umgelegt. Diejenigen Pferde, die zusätzlich zur Kotprobe entwurmt wurden, wurden also von den wurmfreien Pferden mit bezahlt.

So hatte jeder Einstelller relativ gleichbleibende Kosten und es wurden nicht die betroffenen Pferde stigmatisiert. Man kann das natürlich auch anders handhaben und jeden Einsteller für seine eigenes Pferd aufkommen lassen.

Eine Einsparung an Kosten oder Mühe sehe ich bei der selektiven Entwurmung nicht im Vordergrund. Was du aber schnell feststellen wirst, ist das eben nur eine Handvoll Pferde tatsächlich entwurmt werden müssen.

Mein Fazit

Ich habe immer mehr den Eindruck: Gesunde Pferde in einem gepflegten Bestand haben erstaunlich wenig Probleme mit Würmern.

Man kann mit regelmäßigen Kotproben-Untersuchungen (sofern nötig) wesentlich zielgerichteter entwurmen und sich das gängige Schema F mit 4 Wurmkuren im Jahr für den gesamten Bestand ohne Überprüfung der Wirksamkeit wirklich sparen. Harte Zeiten für Pharmaunternehmen stehen bevor, wenn die selektive Entwurmung Schule macht.

Weiter mit einem ähnlichen Thema: Hatte Dein Pferd eine gesunde Aufzucht? oder Zusammenhänge zwischen Haltungsbedingungen und Krankheit

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