Harte Arbeit schlägt Talent, wenn Talent nicht hart arbeitet. Einstellung ist wichtiger für Sporterfolge als alles andere. Natürlich gibt es auch Pferde mit einer angeborenen Begabung für bestimmte Dinge, zum Beispiel den Springsport. Aber langfristig ist regelmäßiges Üben und Formen des Pferdes viel wichtiger, als die richtigen Gene.
Das möchte natürlich kein Züchter hören.
Es gehören im Pferdesport naturgemäß Zwei zum Erfolg dazu. Daher möchte ich hier ein wenig näher auf Erkenntnisse aus der Arbeit am Mindest, dem Willen zum Erfolg beim Menschen, eingehen. Denn über Leistungsbereitschaft und Einstellung des Pferdes habe ich bereits anderswo geschrieben. (siehe auch: Wann haben Pferde Kampfgeist & Der Vorwurf des gemachten Sportlers) Und vieles daraus lässt sich auch auf das Pferd übertragen.
Was ist eigentlich Talent?
Inhalt
Ein Mangel an Talent ist für viele Menschen, die etwas schlecht können, eine gute Ausrede dafür, an dieser Stelle nicht mehr Zeit zu investieren. Viele Sportler dagegen, die viel in einer Disziplin erreicht haben, werden üblicherweise kaum von Talent reden, sondern von viel harter Arbeit.
Sich auf Talent zu verlassen, ist also ein bisschen wie Glücksspiel. Wirklich Arbeit zu investieren, bis man gut in etwas ist, scheint dagegen wesentlich zuverlässiger gute Erfolge zu bringen.
Deswegen schmunzel ich immer über die vielen Reiter, die meinen, ein Pferd zu brauchen, das um Klassen mehr Potential hat, als ihre eigene Reiterei hergibt. Wo soll das hinführen? Üblicherweise zu Stress und Auseinandersetzungen und zuletzt dem Austausch des „unwilligen“ Pferdes. Intelligenter wäre es, auf ein Pferd mit einem ähnlich guten Startpunkt zu setzen und beide gemeinsam wachsen zu lassen. Ein Pferd kann immer nur so gut sein, wie sein Reiter es zulässt.
Das steckt schon in dem alten Ausspruch: Der Reiter formt das Pferd. (Und manchmal wussten die verstaubten alten Lehrer schon, was sie da sagten.)
Ohne Fleiß kein Preis
Der weit verbreitete Glaube, dass den talentierten Individuen (inklusive Topsportlern), ihre Gabe quasi zufliegt, ist trügerisch. Das hält diejenigen, denen „das Talent fehlt“ davon ab, mehr Arbeit zu investieren, um selbst dorthin zu kommen.
Was faszinierend ist: Es haben schon viele die körperlichen Voraussetzungen nicht mitgebracht und dennoch große Leistungen erbracht. Pferde wie Menschen.
Wilma Rudolph hinkte als Kind infolge einer Erkrankung mit Kinderlähmung, so dass Sport ihr kaum möglich war. Dennoch stellte sie gleich zwei Weltrekorde im Laufen auf und holte drei Mal Gold bei den Olympischen Spielen in Rom.
Jeder große Sportler hat gute Lehrer, um die Grenzen im eigenen Kopf zu überwinden. Jeder Sportler hat darüber hinaus statistisch betrachtet mindestens 10.000 Stunden in die Perfektionierung seiner Sportart investiert. Zur besseren Einprägung und Vergleichbarkeit: Das sind etwa 8 Stunden täglich über 3,5 Jahre.
Darüber hinaus muss man auf dem Weg zur Perfektion bereit sein, aus Fehlern zu lernen. Denn Misserfolge sind auf dem Weg zum Erfolg unvermeidlich. Entscheidend ist, wie man mit ihnen umgeht.
Ein Beispiel für eine gute Fehlerkultur gefällig?
„Ich habe mehr als 9.000 Würfe in meiner Karriere verfehlt. Ich habe fast 300 Spiele verloren. 26 Mal wurde mir der entscheidende Wurf anvertraut und ich traf nicht. Ich habe immer und immer wieder Fehler in meinem Leben gemacht. Und deshalb bin ich erfolgreich.“
Michael Jordan
Das ist Einstellung!
Und andersherum; wer so eine eisenharte Einstellung mitbringt, der ist nicht mehr auf Talent angewiesen. Denn mit den Stunden des hartnäckigen Trainings und des Festhaltens am Erfolg, also der unbedingte Siegeswille, werden letztlich zum Erfolg führen.
Was den erfolgreichen Sportler ausmacht
Wer sich mit dem Thema Mindset auseinandersetzt, wird feststellen, es kommt nicht so sehr darauf an, wie schnell wir intuitiv etwas gut können (also Talent haben), sondern wie sehr die Bereitschaft mitgebracht wird, für den Erfolg zu arbeiten (also Arbeit investieren). Also bedeutet Erfolg in der Konsequenz mehr harte Arbeit als Talent. Und dann kommen im Idealfall Durchhaltevermögen und Leidenschaft dazu.
Bist du wirklich bereit dazu, diesen Weg zu gehen? Mit allen Entbehrungen? Niemand, der großen Erfolg hat (und erst recht nicht, wenn derjenige über Jahre dauerhaft mit verschiedenen Pferden Erfolg im Sport hat) hat nicht auch dafür hart arbeiten müssen.
„Ich würde töten, um so gut sein zu können.“ Das hört man immer wieder, aber ist letztlich auch leicht dahingesagt.
Fakt ist; viele Sportler oder Künstler haben ihr normales Leben aufgegeben, um so gut sein zu können. Das Leben eines Sportlers ist oft geprägt von Entbehrungen und Härte. Auf jeden Sieger kommen viele Verlierer. Zukunftsangst und Konkurrenz sind in diesem Geschäft omnipräsent. Viele Sportler haben darüber hinaus enormen sozialen Nachholbedarf, wenn sie den Topsport an den Nagel hängen. Doping, Drogen, Exzesse und Pleiten; das Spektrum ist groß. Man denke nur an Jan Ullrich oder Boris Becker.
Wie sieht es bei den Pferden aus?
Es gibt Sportpferde, die mit weiterer Ausbildung zunehmend über sich selbst hinauswachsen. Das können selbst deren Profireiter nicht immer prognostizieren.
Ich denke da an Comme il faut, der mittlerweile mit Markus Ehning die Parcours dieser Welt dominiert. Als Fohlen war er ganz schön klein. Und bei seiner Körung fanden ihn viele nicht groß und gut genug. Aber mit seiner Einstellung hat er alles erreicht.
Rocana hat mit ihren Erfolgen in der Vielseitigkeit ihre ganze Klasse bewiesen. Daran mochte aber als Jungpferd, trotz Vize-Titels auf dem Bundeschampionat und Sieg bei der Weltmeisterschaft der jungen Vielseitigkeitspferde, keiner so richtig glauben. Die kleine unspektakuläre Stute machte nie mehr als sie musste und sah nicht aus, als hätte sie mehr als 2 Sterne drin. Mangels Interesses der Käuferschaft blieb sie bei Michael Jung und hatte dort bei einem Weltklassereiter alle Chancen, über sich selbst hinaus zu wachsen. Der Rest ist Geschichte: 2014 Gold bei der Weltmeisterschaft in Haras du Pin mit der Mannschaft und Silber in der Einzelwertung und Sieg im Kentucky CCI 4-Sterne 2015. Noch Fragen?
Was der Züchter darüber denkt
Ich glaube meine Ausführungen werden insbesondere Züchter nur ungern hören. Denn wenn harte Arbeit hinter dem Erfolg steckt und – so fand man im Rennsport heraus – etwa 80% der Leistung ausmacht; warum beschäftigen wir uns dann überhaupt noch mit Zucht und Selektion? Wir können hiermit nur an den mageren 20% herumzubasteln und bilden uns ein, damit viel vollbracht zu haben.
Jetzt gilt es einzuwerfen, dass manche Faktoren in der Pferdezucht stärker genetisch vorgegeben sind als andere. Deswegen ist es rein aus Perspektive des Genetikers wesentlich einfacher, Rennpferde oder Springpferde zu züchten, wo die Faktoren, die Einfluss auf den Erfolg haben, weitestgehend hoch erblich bedingt sind. Das Dressurpferd ist ein Sammelsurium an Eigenschaften wie Gangqualität, Bewegungsablauf, Takt, Impuls, Rittigkeit, Formbarkeit, Versammlungsfähigkeit, Hinterhandaktivität und so weiter. Da ist es wesentlich schwerer Allgemeingültigkeit zu finden. Und wie soll man auf all das selektieren? Da kann man als Züchter nur Schwerpunkte setzen und auf wohlwollende Umstände hoffen.
Über Epigenetik haben wir da noch gar nicht geredet. Denn in den jüngsten Jahren kommt man darauf, dass – das was zuvor undenkbar war –nämlich die Umwelt Einfluss auf die Gene hat, vermutlich doch zutrifft. Was würde wohl Darwin dazu sagen? Jedenfalls muss der Mensch noch viel lernen darüber, was bei der Vererbung eigentlich genau passiert.
Es hilft also als Züchter demütig anzuerkennen, dass statt Genie auch harte Arbeit zu Erfolg führen kann. Und daran ist nichts verwerflich, sondern das ist vollkommen normal.
Fazit
Talent wird überschätzt. Viele Reiter nehmen nicht wahr, dass hinter jeder tollen Leistung viel harte Arbeit steckt. Warum hat es also überhaupt so ein negatives Image, für den Erfolg kämpfen zu müssen? Ich kann es nicht sicher sagen.
Aber um es abschließend mit den Worten von Michelangelo zu sagen: „Wenn Menschen wüssten, wie hart ich gearbeitet habe, um ein Meister zu werden, dann würden sie es nicht mehr so wundervoll finden.“
Weiter mit einem ähnlichen Thema: Leistungsselektion um jeden Preis? oder Erfolg zu Pferd
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Sehe ich ganz genauso … ich war mit einem völlig gewöhnlichen Pferd in der Dressur erfolgreich bis M/B (hieß es damals noch); das sowohl in Baden-Württemberg als auch in Bayern und ohne aus einer Reiterfamilie zu kommen.
Aktuell habe ich ein Pony ohne Abstammungsnachweiß, das sich ebenfalls völlig gewöhnlich bewegt. Auch er ist wie mein Professor rittig und kooperativ und hat schon mehrfach Pferde mit deutlich höherer Grundqualität hinter sich gelassen.
Korrektes Reiten wird belohnt, zumindest im ländlichen Bereich.
Grundsätzlich alles nachvollziehbar. Die Argumentation mit Comme il faut hinkt nach. Comme il faut stammt von Ratina, eine der erfolgreichsten, wenn nicht sogar der erfolgreichsten Sute der Welt ab. Zudem ist der Vater von Comme il faut, Cornet Obolensky – auch dieser Hengst uählt sportlich wie auch züchterisch zu den aller allerbesten Vererbern der Welt (war lange Zeit Nr. 1 der Vererber auf der Weltrangliste der Springvererber). Ich finde ihre Betrachtungsweise zum Talent zu einseitig. Think about it!
Ich habe nie zu den Kritikern von Comme il faut gehört, ich berichte nur, dass es anlässlich seiner Körung diese Stimmen gab. Mein Beitrag zu kleinen Pferden im großen Sport sollte bereits deutlich vermittelt haben, dass Größe für mich kein Erfolgskriterium ist.
Ich finde Ihre inhaltliche Argumentation jedoch nicht überzeugend. Denn zum Zeitpunkt der Körung von Comme il faut waren die Nachkommen von Ratina Z nicht durch die Bank so erfolgreich, dass man damals schon von einem gesicherten Zuchterfolg sprechen konnte. Denn Sportleistung ist nicht gleichbedeutend mit Vererbungsleistung. Und es reicht auch nicht, die besten Pferde untereinander anzupaaren, sonst wäre Pferdezucht einfach und jeder würde genau das tun. Es gibt auch Pferde mit einer Abstammung zum niederknien, die im Schulbetrieb laufen.
Ich bin natürlich voreingenommen, aber ich persönlich finde meine Betrachtung zum Thema Talent wesentlich näher auf dem Stand der wissenschaftlichen Forschung, als das Meiste was ich bisher dazu gehört habe. 😉 Bei menschlichen Sportlern zweifelt daran kein Toptrainer, warum soll es bei Pferden anders sein?
Sicherlich einige Wahrheiten aber vielleicht auch einige Dinge die fragwürdig oder auslegbar sind. Ob Talent erkannt und gefördert wird ist ein anderes Thema. Comme il faut war zweifelsohne schon immer ein außerordentlich talentiertes Pferd und konnte dies in jungen Jahren auch schon unter Beweis stellen. Er hatte es allerdings auch schwer die Erwartungen zu erfüllen. Als Sohn des Olympiapferdes Cornet Obolensky und DER Stute ihrer Zeit im Springsport ‚Ratina Z‘ waren die Fußstapfen in die er zu treten hatte natürlich außerordentlich groß. Und wenn man ganz ehrlich ist, muss man den Kritikern ein Stück weit recht geben: Aus dem Schatten seiner Mutter konnte und kann er nicht heraustreten. Sie war wirklich in der Lage den Springsport ihrer Zeit zu dominieren. Comme il faut ist ein Weltklassesportler allerdings umgeben von einigen ebenbürtigen und pilotiert von einem der besten Springreitern der Welt. Springanlage im Freispringen und Parcours zählen laut Studien zu den am höchsten erblichen Merkmalen in der Pferdezucht. Die Anpaarung der besten Pferde wird also häufig zum Erfolg führen, wenn auch mit Ausreißern sowohl nach oben als auch nach unten. Auch gut am Beispiel ‚Comme il faut ‚ zu beobachten. Seine Topgenetik gibt er an seine Nachkommen weiter, von denen einige in den richtigen Händen und mit Förderung ihres Talents ihren Vater vielleicht noch übertreffen werden. Das neben Talent auch noch Einstellung, Fleiß, psychische und physische Härte unerlässlich sind steht außer Frage. Aber bei der Verpaarung zweier Olympiapferde kann man davon ausgehen, dass auch diese Eigenschaften bei den Eltern vorhanden waren. Es wird mit Sicherheit immer Ausnahmen von der Regel geben und trotzdem wäre es züchterisch der falsche Ansatz keine Leistungsselektion vorzunehmen und zu hoffen das eine Pferd unter 100.000 zu züchten, welches entgegen seiner Vorraussetzung und Erbanlagen Karriere im Sport macht, einen sehr guten Reiter findet,welcher Zeit, Arbeit und Glauben investiert und letztendlich zum Erfolg kommt. Es gibt allerdings auch viele Reiter, die keine Pferde für den Leistungssport, sondern verschiedene Sparten des Freizeitsports suchen. Hier geht es natürlich um ganz andere Kriterien, weil nicht jeder Reiter einem Topsportler gerecht werden kann. Trotz allen Fleißes und Ehrgeizes.
Wieso soll der Züchter dagegen sein? Zucht hat ja noch ganz andere Ziele wie Gesundheit, Härte, aber auch Schönheit und Charakter. Auch züchten ist Arbeit und Leistung!
Ein Züchter hat Leistungsoptimierung im Sinn, sonst spricht man von Vermehrung. Wenn die spätere Leistung nun in großen Teilen nicht über die Gene, sondern durch das Management und den Reiter bestimmt werden, wird damit die Kernkompetenz der Züchter untergraben. Das finde ich schon eine einigermaßen paradoxe Feststellung.
Harte Arbeit schlägt Talent!
Das ist wirklich ein informativer Artikel, über das, was im Sport für menschliche Athleten möglich ist. Die Beispiele sprechen für sich.
Sie erinnern an Wilma Rudolph, die als Kind infolge einer Erkrankung mit Kinderlähmung so hinkte, dass Sport ihr kaum möglich war. Dennoch stellte sie gleich zwei Weltrekorde im Laufen auf und holte drei Mal Gold bei den Olympischen Spielen in Rom. Heute gibt es Läufer und Weitspringer, die mit Beinprothesen in der Weltspitze laufen und eine doppelt beinamputierte Tänzerin, die in den USA den Talentwettbewerb im Tanzen gewann.
Im Pferdesport zeigen vergleichbar die vielen Parareiter, was mit Willen, Einsatz, Leidenschaft und Training möglich ist. V.a. in der Dressur erbringen sie tolle Leistungen. Ich sah in München eine Quadrille, in der aus Tribünenentfernung kaum ersichtlich war, wer zu den körperlich Beeinträchtigten zählte und wer nicht. Und den tollen P. Puch sollte man auch nicht vergessen.
Aber kann man das generell auf den Reiter im Pferdsport übertragen? Ich denke nicht! Als Reiter ist man ganz wesentlich vom Talent des Sportpartners abhängig.
Sportreiter, egal auf welchem Niveau, sitzen auf Pferden mit (sehr) hohem sportlichen Talent. Puchs soeben verstorbene Fine Feeling war z.B. bei namhaften Ausbildern und dem Bundeschampionat, bevor sie zu dem Vielseitigkeitsreiter kam.
Gerade in Springprüfungen – und nicht nur in ländlichen – sieht man sehr viele Pferde, die ihre durchschnittlichen Reiter sehr gut aussehen lassen. Bei Pferden ohne Talent müsste man manchmal sogar um deren Leben fürchten. Das wissen diese Reiter aber oft auch selbst. Deshalb kaufen sie sich nämlich diese übermotorisierten“ Pferde!
Der Hinweis einer andern Kommentatorin, man könne in M-Dressuren mit 08/15-Pferden gewinnen, kann ich als reiner Zuschauer dieser Disziplin nur sehr bedingt bestätigen. Ponys, Haflinger, Spanier und Friesen, die letztes Jahr vereinzelt in Prüfungen in meiner Umgebung mit gleicher LK des Reiters angetreten sind, belegten höchstens mittlere Ränge. Eine Platzierung dieser Pferde sind Ausnahmen, über die noch tagelang gesprochen wird.
Dass das Vermögen eines Pferdes eine riesige Rolle spielt, ist im Übrigen auch noch in einer zweiten Situation zu beobachten. Besonders in kleinen Ställen sind Reiter zu sehen, die eigentlich besser sind, als es ihr/ das (Reitbeteiligungs-)Pferd zu lässt. Der Reiter (sehr) reitet ordentlich, aber das Pferd kann körperlich nicht mehr. Diese Reiter sehen mit ihrem ersten Pferd mit 80 cm schon schwer gefordert aus, absolvieren mit dem nächsten ´plötzlich` Springpferde A und L mit 0 Fehlern.
Harte Arbeit schlägt Talent. Man wünschte, es wäre so. Der Satz gilt wirklich nur in einem gewissen Rahmen.
Dabei sollte man die Dominanz des ´überqualifizierten Warmbluts` auf gar keinen Fall negativ sehen. Die meist zahlungskräftigen Reiter, die ihre Arbeit weder aufgeben wollen noch können, halten die Zucht am Laufen. Wer würde denn sonst die „Zuchtfortschritte“ kaufen und so vielen Pferden und Züchtern (und darüber hinaus der ganzen Reitsportindustrie) das Leben erst ermöglichen?
Letztlich stellt sich noch die Frage: Treffen die angeführten Vergleichssituationen überhaupt auf die Pferde zu? Hier wohl am wenigsten!
Ein Pferd mit Ataxie oder mit ausgeprägten Kissing Spines wird in den seltensten Fällen intensives Training verkraften. Beinschäden bedeuten das Aus. Und die sind nicht selten, denn was Hochleistungstraining heißt, zeigt ja das zweite, tolle Beispiel:
„Ich habe mehr als 9.000 Würfe in meiner Karriere verfehlt. Ich habe fast 300 Spiele verloren. …..“, schreibt Michael Jordan.
9000 Übergänge zwischen Gangarten – bestimmt. Aber 9000 Sprünge? Noch dazu verfehlt – also mit dem Bein an der Stange? Oder mit Ballentritt? Das ist für ein Pferd eher nicht wünschenswert. So gefordert, wird auch kein Pferd Einsatzbereitschaft und Leistungswillen entwickeln.
Viele Spitzenreiter und Spitzentrainer verweisen Gott sei Dank darauf, dass sie unter der Woche wenig Sprünge oder Lektionen fordern und extremen Wert auf Gymnastik, Kondition und Rittigkeit legen. Die Bewegung, die Federkraft, die Höhe ist für dieses Pferd kein Problem, heißt es dann. Zurecht! Denn die ist diesen Pferden als Talent, als Folge der Zucht, in die Wiege gelegt.
Auch mit dieser zweifelsohne interessanten Berechnung dürften die Pferde überdies ein echtes Problem haben:
„Jeder Sportler hat darüber hinaus statistisch betrachtet mindestens 10.000 Stunden in die Perfektionierung seiner Sportart investiert. Zur besseren Einprägung und Vergleichbarkeit: Das sind etwa 8 Stunden täglich über 3,5 Jahre.“
Wer selbst soviel reiten will und körperlich kann, zählt zu den Profis. Und braucht mehrere Pferde unter seinem Sattel. Wer ein einziges Pferd so beansprucht, braucht nicht nur bald ein Neues, sondern ist ein Fall für Peta, die mit ihrer Kritik an der Kinderarbeit, die junge Pferde vor Körungen und bis zum Bundeschampionat aufoktroyiert wird, den Finger in die Wunde legt.
Ohne Fleiß, kein Preis – das stimmt sicher. Aber mit dem Satz „Harte Arbeit schlägt Talent“, muss man eher vorsichtig sein. Bei Reitern kann dies durchaus gelten. Dann muss man akzeptieren, dass dieser Reiter spätestens alle paar Jahre sein Pferd wechselt. Bei Pferden gilt der Satz nur im Falle einer etwa gleichhohen Grundqualität.
Alles in allem finde ich den Artikel als Motivation, sich selbst möglichst intensiv um die eigene Ausbildung und die des Pferdes zu bemühen, inspirierend. Aber in der Gesamtschau ist Reitsport doch anders! Fast möchte ich feststellen: Talent ist nicht alles – aber ohne Talent ist alles nichts!
mfG
Monika