Vorzeigbarer, sauberer Sport sollte im Interesse aller Pferdemenschen liegen, die vorhaben, diesen Sport noch eine Weile zu betreiben. Dass der Tierschutz ausgerechnet jetzt Stimmung gegen die Reiterei macht. Wo man Dressursport endlich wieder ohne kaltes Grausen verfolgen kann. Das stimmt mich nachdenklich. Denn gerade in letzter Zeit sehe ich immer mehr positiv stimmende Bilder auf den Abreiteplätzen, die mir persönlich Mut machen. Nicht weil es so toll ist, aber es wird besser.
Schönes, pferdegerechtes Reiten steht wieder im Vordergrund. Sicher nicht überall, aber immerhin. Nur wie stabil ist diese Entwicklung?
Die Rolle der FEI
Inhalt
Leider ist die Struktur, die für die Einhaltung und Durchsetzung des Regelwerkes rund um sauberen Reitsport zuständig ist in der Vergangenheit nicht eben durch Rückgrat aufgefallen. Ein gefundenes Fressen für den Tierschutz.
Drei Beispiele, wo sich die FEI nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert hat sind schnell genannt:
Blood Rule (soll zukünftig aufgeweicht werden),
Rollkur (umtaufen in low deep round und maximal 10 Minuten praktizieren, dann ist es harmlos),
Doping (progressive list, mit Dokumentierung darf behandelt werden).
Da ist es verständlich, wenn das Vertrauen in eine pferdegerechte Umsetzung sinkt. Der Tierschutz steht bei finanziellen Interessen scheinbar hintenan. Es macht jedenfalls den Eindruck, als ob „the Show must go on“ das Leitbild der FEI ist.
Beispiel Blood Rule
Die Blood Rule ist das aktuellste Beispiel in einer Serie von Negativ-Beispielen. Die Regelung der „Blood Rule“ besagt, dass ein Pferd, sobald es Blut an Maul oder Flanken hat, disqualifiziert werden muss. Dies wird mittels eines weißen Handschuhs überprüft und fotographisch dokumentiert. Bislang hatten Widersprüche seitens der Reiter gegen eine solche Entscheidung keine Chance.
Zuletzt sorgte die Disqualifikation von Scott Brash in der Global Champions Tour im Juni 2017 für hitzige Diskussionen in der Reitsportszene. Während der Reiter selbst das Urteil der FEI wortlos annahm, echauffierte sich Team-Kollegin Georgina Bloomberg (bekannt als jüngste Tochter des ehemaligen Bürgermeisters von New York), weil durch die Disqualifizierung des Team-Mitglieds das gemeinsame Team in der Rangierung abstürzte. Bei Nenngeldern von rund 2 Millionen wollte sie diesen Schritt nicht einfach so hinnehmen.
Das hat für ein vorhersehbar empörtes Medien-Echo gesorgt.
Schließlich ist es ungemein ungünstig, wenn auch nur der leiseste Verdacht aufkommt, die Einhaltung von Vorschriften um Tierschutz-Belange könnte man sich im Reitsport erkaufen. Es ist egal wie viel Geld in den Sport investiert wird und wie wenig man es gewohnt ist Regeln zu befolgen, die für alle gelten. In diesem Falle ist eine saubere Regelung ohne Wenn und Aber sinnvoll. Blut am Pferd muss den Ausschluss bedeuten, ohne jede Ausnahme!
Mit Marcus Ehning und Comme il faut hat es kurz darauf wieder den Falschen getroffen, wenn man bedenkt warum die Regel erdacht wurde. Er steht für ausnehmend feines und faires Reiten, wird aber in Hickstead beim Nationenpreis im Juli 2017 disqualifiziert. Auch hier rutscht das Deutsche Team damit von Platz 3 auf Platz 7 ab.
Das entfacht unter Fans die Frage, ob diese Regelung der Blood Rule noch zeitgemäß ist. So Leid es mir in diesem speziellen Fall für Herrn Ehning tut: Eine solche Regel muss für alle gelten!
Wie geht es weiter?
So war es bislang, aber nun soll das starre Konstrukt geändert werden. Ein bisschen Blut könne dem Pferd schließlich nichts anhaben und würde ihm nicht langfristig schaden. Die FEI möchte sich etwas zeitgemäßeres ausdenken. Eine neue Regelung könnte die Überwachung der Entscheidung in die Hände von Stewards legen. Wenn nun diesen Personen die Entscheidungs-Kompetenz aufgehalst wird, wäre dies so unglücklich wie unfair. Eine Verantwortung, die die FEI nicht selbst übernehmen möchte, wird abgeschoben und zu einer Einzelfall-Entscheidung gemacht.
Bei aller Empörung gibt es eine ganz einfache Möglichkeit, zu einem faireren Ergebnis zu kommen und nicht das Team für die Fehlleistung eines einzelnen Reiters abzustrafen. Grundsätzlich kann man darüber diskutieren, ob es verhältnismäßig ist, dass eine vom Reiter gänzlich unbeabsichtigte Schramme an den Flanken des Pferdes solche Folgen hat. Man könnte tatsächlich darüber nachdenken, im Falle von Blut am Pferd lediglich das Pferd-Reiter Paar für die laufende Prüfung zu eliminieren. Die bisherigen Leistungen würden dann für die Team-Wertung erhalten bleiben. Denn solche Blutspuren können offenbar auch den versiertesten und fairsten Reitern unterlaufen.
Dennoch muss klar sein, dass solche Vorfälle kein gutes Bild auf den Sport werfen. Sie dürfen nicht bagatellisiert werden, weil das – sehr zu recht – ein gefundenes Fressen für Tierschützer ist.
Tierschutz: Freund oder Feind?
Bitte nicht falsch verstehen, ich bin gegen jede Form von Gewalt im Pferdesport. Dennoch sträuben sich mir regelmäßig die Nackenhaare, wenn ich militante Tierschützer so zuhöre. Das Problem sind völlig undifferenzierte Kommentare, die jegliche sportliche Ambition des Reiters als Tierquälerei verunglimpfen. Ohne jedes Hintergrundwissen.
Ich bin persönlich davon überzeugt, dass der Sportpartner Pferd nicht nur freiwillig, sondern mit großem Eifer Leistung erbringen kann und möchte. Das muss das Pferd lediglich als etwas Erstrebenswertes lernen. Das ist Aufgabe eines jeden Sportreiters, auch wenn dies nicht immer im gewünschten Maße umgesetzt wird. (siehe auch: Kein Pferd springt freiwillig?)
Laienmeinung entscheidet
Blut im Maul oder an den Flanken ist – trotz allem lamentieren des Tierschutzes – die Ausnahmen auf Turnieren. Davon kann sich jeder überzeugen, der regelmäßig auf Großveranstaltungen live vor Ort ist. Zum Glück!
Wesentlich weiter verbreitet ist ein aggressiver und rücksichtsloser Reitstil. Der ist aber weniger auffällig. Das entgeht dem Laien gänzlich. Diese Verfehlungen kann man dem Laien aber kaum vermitteln. Von Aspekten wie Rückentätigkeit, Taktfehlern und Mängeln in der Durchlässigkeit will ich gar nicht anfangen. Denn das ist in der Tat ein weites Feld und selbst Sportreiter unter sich würden hier keine Einigkeit erzielen.
Die Rollkur kam den Medien dagegen wie gerufen, die richtige Position der Stirnlinie ist dem Laien schnell erklärt.
Absicht oder Mangel an reiterlichen Fähigkeiten?
Es ist in meinen Augen bei unschönen Bildern grundsätzlich nicht entscheidend, ob der Reiter einfach schlecht reitet oder bewusst dem Pferd Schaden zufügen möchte.
Aber gerade im Freizeitsport gibt es tagtäglich Bilder, die geeignet sind mir das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Ohne jede böse Absicht. Ich bin mir nicht sicher, ob es ein gutes Sportpferd bei einem ambitionierten Top-Reiter wirklich so viel schlechter hat.
Das muss auch mal angesprochen werden. Denn während der Sportreiter pauschal als erfolgsorientiert gilt und sein Pferd gemeinhin nur als Sportgerät betrachtet, genießt der Freizeitreiter Welpenschutz. Er kann ja keine unlauteren Absichten haben und liebt sein Pferd. Manche Freizeitreiter arbeiten dennoch regelmäßig lahme Pferde (entweder bewusst „der läuft sich ein“ oder schlicht aus Ignoranz). Das ist nicht besser, als Pferde für den Sport fit zu spritzen, weil sich erste Verschleißerscheinungen auftun.
Der gute Wille des Reiters kann kein Freifahrtschein sein. Unwissenheit schützt auch vor Gericht vor Strafe nicht. Hier misst man nach meiner Wahrnehmung noch zu viel mit zweierlei Maß.
Raus aus den Negativ-Schlagzeilen!
Die gute oder die schlechte Nachricht zuerst?
Die Medienwelt möchte nicht dauerhaft gute Nachrichten verbreiten, das liest nämlich keiner. Schlechte Nachrichten machen gute Quote. Medienhäuser wollen nicht in erster Linie informieren, sondern verkaufen. Schlechte Nachrichten machen erwiesenermaßen mehr Kasse.
Warum eigentlich?
Kein Gefühl ist so mächtig wie die Angst, wenn es darum geht, Aufmerksamkeit zu erhalten. Versicherungen, Medien, Pharmaindustrie – alle verdienen an diesem Geschäftsmodell. Das macht evolutionsbedingt Sinn, denn Dinge, die Angst machen früh zu erkennen und ernst zu nehmen, sicherte das Überleben des Steinzeitmenschen.
Damit die Kasse mit hohen Auflagen klingelt, muss man also den Mensch bei seinen Emotionen packen. Intensive Gefühle und starke Überzeugungen sind hierzu perfekt geeignet. Ein unterlegenes Geschöpf, das ausgebeutet wird und die Gunst der Massen hat, eignet sich perfekt, um Stimmung für den Tierschutz zu machen.
Und da kommt das Pferd ins Spiel.
Der Reitsport eignet sich hervorragend zur Instrumentalisierung durch den Tierschutz. Viele Menschen sind Pferden wohlgesonnen. Allen voran viele junge Mädchen. Auch wenn diese ganz weit entfernt sind vom Reitsport, gibt es also eine Menge Menschen, die das Thema Pferd emotional berührt. Perfekte Voraussetzungen für Skandale also.
Meine persönliche Meinung
Ich halte es für falsch mit Fotos und Videos Reiter populistisch zu brandmarken, weil das nur noch mehr reißerische Presse bringt. Wie wäre es stattdessen damit positive Bilder hervorzuheben und zu erklären wie es besser aussieht?
Es ist ungleich effektiver öffentlich darauf hinzuweisen, wenn zur Abwechslung einmal fein geritten und eingewirkt wird. Der Reitsport könnte positiv dastehen, wenn vor allem gute Reiter Schlagzeilen machen würden. In Zeiten von Social Media sind die Hashtags twohearts der FEI und BetterHorsesport bereits auf eine solche Zielrichtung ausgelegt.
Skrupellose und aggressive Reiter sollen geächtet werden, keine Frage.
Aber ich möchte die Gelegenheit nutzen und statt blutigen Flanken und blauen Zungen, Doping und Barren, Todes-Stürzen etc. auch mal von den positiven Seiten des Sports berichten. Den nicht nur Eliten ausüben (Siehe auch: Der Züchter und das liebe Geld). Der sich so positiv auf den Charakter und das Verantwortungs-Bewusstsein so vieler Kinder auswirkt.
Und jawohl, es gibt auch leuchtende Beispiele von Reitern, die mit nichts als positiven Schlagzeilen auffallen. Die durch schönes Reiten in jeder Phase, Humor und Fairness gegenüber ihrem Pferd von sich reden machen. Geben wir doch diesen Reitern ein Forum!
Weiter mit einem ähnlichen Thema: Doping und Glaubwürdigkeit im Reitsport oder Dressurlektionen – Vom Fohlen zum Reitpferd
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