Jeder hat so ein dünnes Pferd im Stall, ob es nun das eigene ist der nicht: Der wandelnde Hungerhaken, der trotz Geld und lieber Worte nicht zunimmt und immer ein bisschen schmal daherkommt. Symptomatisch für solche dünnen Pferde ist ebenfalls ein beklagenswerter Mangel an Muskelaufbau. Was hilft wirklich beim Aufbau von mehr Substanz?
Es besteht Handlungsbedarf
Inhalt
Um gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen; im Regelfall fehlt diesen Pferden kein Pülverchen für Muskelaufbau, in Form der üblichen Verdächtigen: Vitamin E oder Aminosäuren (z.B. Muschelzusatz à la Equitop Myoplast). Daran lässt sich zwar als Hersteller wunderbar Geld verdienen, aber die Wirkung kann man getrost vergessen, oder vielmehr scheitert der Muskelaufbau meist an viel grundlegenderen Faktoren.
Es herrscht jedenfalls Handlungsbedarf, denn ein dünnes Pferd ist anfällig für Krankheiten und nie so richtig gut in Form. Viele Reiter klagen zuerste über einen Mangel an Muskelaufbau.
Aber für Muskelaufbau braucht es vor allem:
a) Gutes Training (bzw. durchdachtes Arbeiten mit Phasen der An- und Entspannung und passender Ausrüstung)
b) Gute Haltungsbedingungen (physisches Wohlbefinden)
c) Gesundheit
und eben genügend Futter im Trog.
Sind alle diese Punkte erfüllt, wird das schmale Pferd automatisch an Muskelmasse zunehmen. Ohne jedes Wunderpulver!
Wenn nicht, geht aber das Rätselraten für den gefrustetetn Besitzer des dünnen Pferdes erst richtig los:
- Warum steht mein Hungerhaken so schmalbrüstig und rippig da?
- Ist mein dünnes Pferd krank?
- Fehlt meinem Pferd etwas, oder muss ich mich einfach nur gedulden?
Ursachenforschung
Panik ist fehl am Platze. Denn meist gibt es bei genauerem Hinsehen gute Gründe für den Futterzustand des Pferdes.
Es gilt als Besitzer die Probleme zu ergründen und konsequent abzustellen. Das wiederum ist je nach Umfeld nicht immer leicht zu bewerkstelligen. Die wenigsten Pferdehalter können beliebig in die Tagesroutinen und Fütterung ihrer Pferde eingreifen.
Wie viel ist richtig?
Scheinbar gilt das Gesetz der Maßlosigkeit in Bezug auf die Fütterung von Pferden. Entweder zu viel oder zu wenig (was je nach Bedarf des Pferdes durchaus dieselbe Menge an Futter bedeuten kann). Der Mittelweg fällt schwer.
Reitpferde kommen entweder mit einem latenten Futtermangelzustand mit dazugehörigem Muskelschwund daher, oder sind so gnadenlos überfettet, dass Krankheit droht. (Gewisse Parallelen zum Menschen sind sicher nicht dem Zufall geschuldet!)
Das Auge des Herrn füttert das Vieh, heißt es in älteren Quellen. Der Mensch ist als Pferdehalter für dessen Wohlergehen verantwortlich. Bedarfstabellen sind in der Tat nur ein Richtwert und der Blick auf das Pferd meiner Meinung nach unerlässlich.
Damals und heute
Aus meiner Kindheit habe ich viele Erinnerungen an wohlmeinende Futtermeister, die Sportpferde mit reichlich Kraftfutter richtiggehend fett gemästet haben. Das war sicher nicht gut und zum Glück gibt es das heute kaum noch. Ob das mit drastisch gestiegenen Futterkosten zu tun hat, sei mal dahingestellt.
In vielen Pensionsställen im Freizeit-Sektor erlebe ich heute sogar, dass eine geschlossene Kraftfutter-Fütterung für alle Pferde gar nicht mehr vorgesehen ist. Da soll jeder Pferdebesitzer selber entscheiden, ob und wie viel Kraftfutter er zufüttern möchte. Dies soll er dann entweder selbst tun, wenn er da ist oder täglich ein Eimerchen mit dem Wunschfutter befüllen, das der Stallbetreiber dann dem jeweiligen Pferd gemeinsam mit dem Rest des Stalls zukommen lässt. Mindestens einen Eimer mit Zusatzfutter hat heute ohnehin jeder Pferdebesitzer im Stall stehen. In Zeiten maximaler Kundenindividualität möchte der Pferdebesitzer selbst bestimmen, was in den Trog kommt.
Nach meiner Beobachtung kommt ein Großteil der heutigen Freizeitpferde in leichter Arbeit mit minimalen Kraftfutter-Rationen (beziehungsweise im Regelfall eher Kräuter-Aroma-Müsli haferfrei) aus. Das ist auch prinzipiell gut so, denn das Arbeitspensum der Pferde ist zumeist niedrig und gerade genügsame Rassen sind damit gut bedient.
Problematisch wird es bei den schwerfuttrigen Pferden, denn die sehen aus wie das Leiden Christi, obwohl alle anderen Pferde gut dastehen. Für ein dünnes Pferd im Stall sind auch viele Betreiber nicht bereit zu Extra-Maßnahmen zu greifen. Dem Rest geht es ja gut.
Kraftfuttermenge
Da heutzutage die Annahme vorherrscht in Bezug auf Kraftfutter sei weniger mehr, (was ja durchaus seine Berechtigung hat,) gehen viele Pferde mit erhöhtem Bedarf leer aus. Weil nicht ist, was nicht sein darf. Viele Pferdebesitzer sind verunsichert und meinen, ihrem Pferd mit großen Mengen an Kraftfutter sogar zu schaden.
Wenn das Pferd aber deutlich zu dünn ist (siehe auch: Wann ist ein Pferd zu dünn?), dann sollte man sich von diesen Glaubenssätzen trennen. Es kann viele Ursachen für ein dünnes Pferd geben und oft lassen sich die genauen Umstände gar nicht rekonstruieren.
Nachfolgende Ursachen sind aber durchaus verbreitet:
• Schlechte Heuqualität (Schimmel),
• leichte Vergiftungen durch Giftplanzen (z.B. Graukresse),
• Parasitenbefall (nur eine Kotuntersuchung verschafft Klarheit)
• Zahn-Probleme,
• Probleme mit dem Stoffwechsel,
• Magengeschwüre,
• Osteopathische Probleme
• Stress (Stallwechsel, Turnier, unleidige Pferdegesellschaft)
Die Liste könnte beliebig fortgesetzt werden.
Wenn diese Punkte aber ausgeschlossen werden können, so muss man sich auch mit der Frage beschäftigen, ob das Pferd schlicht zu wenig Futter bekommt.
Heumenge
Klingt simpel, ist aber fundamental wichtig. Pensionsställe geben oftmals nur sehr geringe Mengen an Heu aus. Das hat zum einen mit dem Aufwand zu tun und zum anderen mit dem Preis für gutes Raufutter.
Es kann aber auch schlicht an den Rahmenbedingungen der Haltung liegen, dass ein Pferd wenig Raufutter erhält. Wenn das Pferd tagsüber stundenweise draußen ist (was reiner Boxenhaltung selbstverständlich vorzuziehen ist), so kommt es immer noch oft vor, dass in dieser Zeit kein Futter zur Verfügung steht. Fresspausen von über 4 Stunden sind aber schwierig für ein Pferd.
Die Heumengen, die Pferde erhalten, werden von Pferdebesitzern nach meiner Erfahrung regelmäßig deutlich überschätzt. Hier hilft nur eine Waage und die Berechnung, ob das Pferd wirklich mindestens 1,5 kg pro 100 Kg Körpergewicht erhält. Besser ist es, wenn das Heu zur freien Verfügung steht. (siehe auch: Raufutter in der Pferdefütterung)
Fazit
Ein wirklich gesundes und gut versorgtes Pferd baut nicht einfach so an Substanz oder Muskelmasse ab. Dahinter verbirgt sich meist ein größeres Defizit.
Es gibt viele Gründe, warum ein dünnes Pferd zum Hungerhaken wird. Erst wenn andere Probleme ausgeschlossen werden können, sollte man sich an die Kraftfutter Ration heranmachen. Erst wenn alle anderen Probleme Ursachen abgestellt sind, lässt sich hierdurch etwas bewirken. Aber die Wirkung von einem Mehr an Kraftfutter sind nicht zu unterschätzen bei schwerfuttrigen Pferden.
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