Wer braucht schon Dual-Aktivierung?

Kann ein Reiter von blau gelben Dualgassen im Training profitieren? Die Antwort ist ein klares Jein. Eindrücke von einem Skeptiker, der auszog und sich überzeugen ließ.

Erster Eindruck Dualgassen

Inhalt

Die ersten blau-gelben Gassen in der heimischen Reithalle betrachtete ich zum ersten Mal mit leichter Belustigung. Ein neuer Trend, das kennt man ja, doch wofür das Ganze?

Die Erklärung, dass das Pferd gerade diese beiden Farben am leichtesten optisch wahrnimmt und das die unterschiedlichen Gehirnhälften anspricht, leuchtete mir ein. Da hat sich Jemand was bei gedacht und von wissenschaftlich fundierten Hintergründen lasse ich mich gern überzeugen.

Der erste Eindruck war also eher von Skepsis geprägt. Aber ein bisschen Abwechslung vom Boden, warum denn nicht? Also habe ich meine Pferde mal mit dem blau-gelben Spielzeug konfrontiert.

Ein Vorteil im Vergleich zur herkömmlichen Arbeit mit Stangen oder Cavaletti ist offensichtlich die größere Sicherheit in der Anwendung. Denn Stangen am Boden rollen weg, das Pferd kann darauf treten oder darüber stürzen. Die Schaumstoff-Balken sind da weniger verletzungsträchtig und dennoch absolut zweckmäßig. (Solange das feine Ross nicht stupide drauf latscht.)

Aber ehrlich gesagt verfolgte mich weiterhin eine Frage:

Wofür das Ganze?

Als klassischer FN-Reiter kann man sich durchaus die Frage stellen, warum man sein Pferd über Bodenhindernisse scheuchen sollte? Oder vielmehr: Braucht man so etwas als guter Reiter?

Meine spontane Antwort: Wohl kaum. Dafür bringt es durchaus Abwechslung in den Trainningsalltag und regt die Pferde an, die Füße zu heben und mal was anderes zu machen.

Ist das Grund genug, die Dualgassen zu nutzen?

Der Praxis-Kontakt

Anlässlich der Equitana und bei einem Kurs in meiner Nähe, konnte ich mir als Zuschauer bei Michael „Mike“ Geitner himself (der sich reichlich Sympathie-Punkte verdient hat!) mehrfach die Gassen mit verschiedenen Pferd-Reiter Paaren live erleben.

Zugegeben, die teilnehmenden Ponys und Pferdchen boten dem ambitionierten Sportreiter nicht unbedingt Grund zur Begeisterung. Ein allgemeines Hauen und Stechen war erforderlich, um die Tiere überhaupt in Bewegung zu setzen und erhebliche Bemühungen waren notwendig, um sie dauerhaft in Gang zu halten. Taktfehler, prominent vorgewölblte Unterhälse und ein Sammelsurium an Exterieurschwächen verhinderten bei kritischer Betrachtung effektiv alles, was an ästhetisches Reiten hätte erinnern können.

Und dann geschah das Wunder vor meinen Augen 😉

Nach höchstens 15 Minuten Lösungsphase unter Einarbeitung der Dualgassen und Pilonen hatten auch die schwächsten Reiter ein zufriedenes Pferd. Die Pferde gingen frischer vorwärts und schnaubten ab. Mir war im ersten Moment schleierhaft warum, denn in den wenigen Minuten hatte sich die Reiterei nicht merklich verbessert. Aber trotzdem zeigten alle Pferde erste Anzeichen von Lockerheit. Ganz und gar erstaunlich!

Das regt zum Nachdenken an

Soll nicht eine gute Reitlehre den Reiter dort abholen, wo er reiterlich ist und das Beste aus seinem Pferd herausholen?

Viele Freizeitreiter wollen keine starre Reitlehre, die ihnen vorschreibt, wie sie ihr Reiten perfektionieren können. Sie möchten Spaß zu Pferd, ist ja ein Hobby. Strikte Vorgaben stören da. Wenn nun diese Gassen und Pilonen verbunden mit den richtigen Bahnfiguren drumherum ihnen helfen, ein Pferd sinnvoller zu gymnastizieren… Dann ist dies in meinen Augen ein voller Erfolg für dieses System!

Die Dualgassen können nach meiner Beobachtung das Pferd dazu anregen:

  • den Hals fallen zu lassen,
  • den Rücken schwingen zu lassen,
  • sich taktmäßiger zu bewegen und
  • Schwung zu entwickeln.

Das ist mehr, als die meisten Freizeitreiter nachzureiten imstande wären. Wenn davon das Pferd – für diesen Augenblick – profitieren kann, dann ist das ein tolles Resultat!

Hier heiligt der höhere Zweck die Mittel.

Eine gute Trainings-Methode sollte auch dem schwächeren Reiter mit dem unperfekten Pferd weiterhelfen. Die kritische Frage lautet daher wohl eher: Warum schafft das die Dual-Aktivierung und nicht die FN-Reitschule?

Mein abschließendes Fazit

Ich bezweifle, dass der stärkere Reiter die blau-gelben Gassen für mehr als Abwechslung im Trainingsalltag braucht. Aber ich habe gesehen, wie sehr der schwächere Reiter von der Unterstützung der Gassen profitiert. Das ist mal eine Form der Bodenarbeit, die an der Basis durchaus sinnvoll ist. Also warum denn nicht?

Dass die Dualgassen keine Grundausbildung von Reiter und Pferd ersetzen, ist vollkommen klar. Aber sie verhelfen denjenigen, die reiterlich nicht stark genug sind, um auf dem herkömmlichen Weg dorthin zu gelangen, zu Glücksmomenten. Und den Pferden zu Phasen, in denen sie sich unter dem Reiter locker und in physiologisch sinnvoller Haltung ungezwungen bewegen.

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