Sinnvolle Erziehung ja, aber es soll nicht in Arbeit ausarten! Wie Jungpferdetraining das Pferd schonend auf seine spätere Aufgabe vorbereitet. Wann es zu viel wird und auf was man Wert legen sollte.
Beispiel Rennsport
Inhalt
Dem Rennsport wird gern unterstellt, man würde hier sehr junge Pferde verheizen, weil die Pferde zu früh gearbeitet werden.
Das Problem: Es wird mit menschlichen Maßstäben gemessen. Keiner will Kinderarbeit sehen! Darauf haben wir in der entwickelten Welt einen Konsens.
Aber Vorsicht, dass hier nicht Vorurteile den Blick auf die Fakten trüben!
Da haben Reitsport Laien zwar meist eine klare Haltung, aber inhaltlich wenig beizutragen. Es lohnt sich also dieses Thema aufzugreifen und auf die Feinheiten hinzuweisen.
Die Realität zeigt, dass gerade das frühe Arbeiten den Vollblüter abhärtet. Die frühe Belastung ist die Ursache für die größere Härte. Zahlreiche Versuche Pferde erst später an den Start zu bringen, haben sich als gesundheitlich kontraproduktiv erwiesen. Es gibt Langzeitstudien, die belegen, dass der frühe Einstieg in den Rennsport sinnvoll ist, um die Pferde optimal auf ihre Karriere vorzubereiten. (siehe auch: Was sagt das GAG über einen Vollblüter aus?)
Dem Lauftier Pferd gerecht werden
Es ist auch etwas komplett anderes, wenn ein Lauftier wie das Pferd in frühe Arbeit genommen wird, dass genau dieses Grundbedürfnis des Laufens erfüllt. Draußen geradeaus und im Pulk zu reiten ist so pferdefreundlich wie es für junge Pferde nur geht. Dazu mit leichten Reitern und über wenige Minuten. Denn es verkommen heutzutage sicher mehr Pferde durch zu viel Stehen in der Box als durch frühe Arbeit. (siehe auch: Zusammenhang zwischen Haltungsbedingungen und Krankheit) Das wiederum sieht man in Vollblutgestüten wesentlich weniger als in den Warmblutgestüten.
Wenn überhaupt kann und sollte man das frühe und unsachgemäße Anreiten im Reitsport kritisieren. Es stellt sich die Frage nach der körperlichen Tragfähigkeit des Pferdes im jungen Alter. Sinnloses Kilometer schrubben im Hallensand oder ausgebundenes zentrifugieren im Longier Zirkel ist da sicher verschleißträchtiger.
Wie sollte Jungpferdetraining aussehen?
Für jede Art des Arbeitens von jungen Pferden gilt:
- Gewöhnung an Umfeld, Ausrüstung und Reiter bei leichter Arbeit erlauben (4-6 Wochen schaffen eine Routine)
- Jungpferdegerechte Haltung einnehmen lassen (Nase vor der Senkrechten und bis auf Höhe Buggelenk, das Pferd wählt die Anlehnung!)
- An erster Stelle steht es das natürliche Gleichgewicht und den Takt zu erhalten
- Maß halten! (3-4 kurze Arbeitseinheiten pro Woche (20-30 Minuten), Pausen sowie sinnvolle Wahl des Reiters und Geländes)
- Jungpferd wenn möglich in der Gruppe trainieren und so früh wie möglich das Außengelände mit einbeziehen, frisches Geradeaus ist engen Wendungen vorzuziehen (siehe auch: Wege zum vielseitigen Reiten – Jungpferdeausbildung draußen)
- Rahmenbedingungen schaffen (Futter- und Entwicklungsstand beachten, Weidegang ermöglichen und Führmaschine oder Ausritte als Handpferd zum Konditionsaufbau nutzen)
- Leichte Belastung in früher Jugend hilft dem Pferd körperlich auszuhärten
Dass diese Punkte einzuhalten auch später noch bei Jungpferden sinnvoll sind, demonstrieren im Bild Bailando (rechtes Bild) und seine Vollschwester (linkes Bild) 5 bzw 6-jährig vor großem Publikum. Trotz der Aufregung gibt man ihnen die Gelegenheit in Ruhe in das Jungpferdetraining hinein zu finden.
Was ist dem Jungpferd wirklich wichtig?
Es ist doch bezeichnend, wenn sich die gesamte Ausbildung vor dem Anreiten und damit das Jungpferdetraining in andere Sparten verlagert. Wer etwas mit dem noch umgerittenen Pferd unternehmen will, der wird in der FN Reitlehre keine Unterstützung finden.
Eine planvolle Heranführung sollte aber nicht mit diversen Grobheiten wie Desensibilisierung ständiger Konfrontation geschehen. Ich stelle mir auch regelmäßig die Frage, ob es sein muss, dass Jährlinge und Zweijährige bereits alleine im Gelände spazieren geführt werden. Nach meiner Auffassung gehören Pferde dieses Alters in eine Gruppe und außer Sozialisierung und Wachstum möchte ich ihnen nur notwendige Dinge zumuten. Der Ernst des Lebens fängt schon noch früh genug an!
Gut gemeint ist daher nicht immer gut für das Jungpferd. Es ist meiner Meinung nach vollkommen in Ordnung, dass ein junges Pferd an seinen Kumpels klebt. Das ist normales Pferdeverhalten, das letztlich arterhaltend wirkt. Der Mensch sollte sich in Demut üben und es zulassen, dass ein Pferd ein Pferd bleiben darf, solange dies irgendwie mit der Nutzung des Pferdes zu vereinbaren ist.
Ich halte eine gute Sozialisierung mit Pferden für ein absolutes Grundbedürfnis von Pferden und man sollte ihnen dies nicht nur gewähren, sondern dies aktiv fördern. Das Pferd wird im Laufe seines Lebens so viel Kraft aus seiner Herde schöpfen können, dass wir ihm diese Möglichkeit nicht aus egoistischen Motiven heraus nehmen dürfen.
Fazit
Man kann ein Pferd sehr früh und auf sinnvolle Art an die spätere Arbeit heranführen oder ein Pferd vor lauter Schonung kaputt stehen lassen. Gewusst wie! Daher gilt wie immer auch hier differenziert an das Thema heranzugehen.
Weiter mit einem ähnlichen Thema: Hatte Ihr Pferd eine gesunde Aufzucht? oder Aufzuchtintensität für Jungpferde
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