Der größte Fehler in der Pferdebeurteilung

Der größte Fehler in der Pferdebeurteilung ist es, Stellvertreter in der Beurteilung zu nutzen. So sinnvoll das manchmal erscheinen mag und so verbreitet wie es ist, denke ich, dass es den Blick verstellt auf eine echte Beurteilung des Pferdes. Es wird zu viel pauschalisiert, statt wirklich beurteilt.

Ständige Stellvertreter

Inhalt

Was meine ich mit Stellvertretern?

Die Klassiker für ein Springpferd sind:

  • Freispringen statt Parcours-Springen unter dem Sattel
  • Exterieurbeurteilung statt das individuelle Pferd wirklich einschätzen
  • Abstammung statt Eigenleistung

Das bedeutet oftmals: Hoffnung statt Realität.

Die gute Intention dahinter ist klar, denn diese Statthalter schaffen (vermeintlich) die Möglichkeit, möglichst früh eine Leistungsaussage treffen zu können. Wir reden aber von einem Spiel mit statistischen Wahrscheinlichkeiten und nicht von einer echten Beurteilung eines individuellen Pferdes.

Diese erste Einschätzung wird dem Individuum aber selten gerecht. Es geht um pauschalisieren anstatt zu lernen, besser hinzusehen.

Die heute gängige Praxis in der Pedigree und Exterieur Analyse ist in meinen Augen im Regelfall der Fokus auf Wahrscheinlichkeiten statt auf Individuen.

Exterieur

Weil es so schwer ist, konkrete Aussagen zu treffen, wird verallgemeinert, was das Zeug hält. Statt sich darauf zu konzentrieren, was dieses Pferd kann oder wie es aussieht, nutzen wir üblicherweise Statthalter für eine Beurteilung, statt dem echten Pferd.

So kennen viele die Aussage: kurze Fessel stumpf, lange Fessel nicht belastbar.

So bekommen Pferde Stempel aufgedrückt, die ihnen nicht gerecht werden. Denn die Frage müsste eigentlich lauten: Für welches Einsatzgebiet ist das Pferd vorgesehen und welche Fesselung erleichtert ihm dazu die Arbeit?

Pedigree

Was sagst die Abstammung über mein Pferd? Und was nicht?

Denn obwohl es ein sinnvoller erster Schritt ist, Gemeinsamkeiten der Linien zu erarbeiten, kann das nicht das Ende sein. Es geht hier ebenfalls um Tendenzen und Wahrscheinlichkeiten. Bestimmte Zuchtlinien stehen unstrittig für bestimmte Eigenschaften in Leistung und Charakter. Während es unglaublich hilfreich sein kann, diese Faktoren zu erarbeiten, verstellt es doch oftmals den Blick auf das eigentliche Pferd.

Ja, es handelt sich um einen Sohn des Sandro Hit, aber hat er denn die typischen Eigenschaften eines solchen Pferdes?

Was einem die Abstammung nie abnimmt: Hinsehen, ob das Pferd die mit dieser Abstammung verbundenen Erwartungen überhaupt erfüllt.

Denn ansonsten nutzt auch die beste Abstammung nichts. Pferdezucht wäre einfach, wenn die Aneinanderreihung von verheißungsvollen Namen ausreichend wäre, um gute Pferde zu produzieren.

Denn der Züchter darf niemals vergessen, dass Varianz in der Vererbung eine biologisch gewollte Eigenschaft ist, die dem Arterhalt dient. Auch Vollgeschwister ähneln sich mal mehr, mal weniger. Das wollen Züchter und Pedigree-Fantasten nicht hören. Macht aber genetisch betrachtet durchaus Sinn, um Vielfalt zu erhalten und damit den Fortbestand von an unterschiedliche Situationen angepassten Tieren.

Fazit

Die Pauschalisierung ist für mich eher ein Anfangspunkt, aber kein Ergebnis. Dennoch belassen es die meisten Reiter und Züchter genau dabei. Wir müssen Lernen, andere Methoden zu entwickeln, die eine Leistungseinschätzung für ein Pferd besser umsetzt.

Und wir sollten uns eingestehen, dass wir besser hinsehen müssen, um das Individuum wirklich zu beurteilen, statt auf Erfahrungswerte und Bauchgefühl zu setzen. Denn das kann mal besser oder schlechter ausfallen.

Brauchst Du Unterstützung dabei?

Dann sieh Dir meinen Onlinekurs Pferdekenner an!

Weiter mit einem ähnlichen Thema: Haltbarkeit eines Sportpferdes oder Darf es ein bisschen mehr Pferd sein?

Mehr Informationen zu meinem Blog durch die Newsletter Ameldung! Du bekommst ein Mal im Monat Anregungen und Denkanstöße von mir direkt in Dein Postfach. Abbestellen kannst Du ihn jederzeit mit nur einem Klick in der Fußzeile.

Link zum Shop

Schreibe einen Kommentar